„Ich kaufe Wienerisch.“ Zehn Wiener Promis erklären, warum und wo sie lokal konsumieren. Gerd Millmann im Gespräch mit Brigitte Ederer, Aufsichtsrats-Chefin in der ÖBB. Über Millionenaufträge und Wurst beim Höttinger.

Gerd Millmann: Frau Ederer: Sie sind ja Aufsichtsratsvorsitzende der ÖBB. Wenn die ÖBB bei Siemens oder Bombardier Zugsgarnituren kaufen, ist das „Wienerisch einkaufen“?

Brigitte Ederer: De facto ja, weil beide Konzerne Fertigungsstätten in Wien haben, das bringt Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. Aber durch strenge Vergaberichtlinien und veränderte Zuständigkeiten in den Unternehmen wird es schwieriger. Früher haben Techniker mit Technikern geredet. Jetzt hat der Einkauf eine viel stärkere Rolle, Techniker spielen die zweite Geige.

Hat diese große Industrie eigentlich noch Zukunft in Wien?

Ederer: Selbstverständlich! Europa ist ein riesiger Markt für Mobilität und es wird in den nächsten Jahren hier viel investiert. Deshalb sind auch viele asiatische Produzenten sehr interessiert, in Europa Fuß zu fassen und Aufträge zu gewinnen.

Das heißt, die Qualität der Züge Made in Vienna ist einfach höher als die chinesischer Züge?

Ederer: Im Moment haben die Chinesen noch nicht die notwendigen Standards für die europäische Mobilitätsindustrie, sie brauchen europäische Türöffner dazu. Und das probieren sie ja auch heftig. Von Siemens haben die Chinesen umgekehrt immer verlangt, dass auch Know how in ihr Land fließt. Damit entscheidet vorrangig der Preis über den Zuschlag und nationale Wertschöpfung, Innovationselemente oder technische Brillanz rücken in den Hintergrund.

Sie waren ja als Vorstandsmitglied von Siemens in vielen Städten der Welt unterwegs. Was macht eigentlich Wien aus?

Ederer: Wien bietet im Vergleich zu anderen Städten eine große Auswahl an kleinen Läden, Restaurants und Geschäften. In meinem Viertel zum Beispiel gibt es von der Änderungsschneiderei über die Vinothek bis zum Fahrradgeschäft alles, was man brauchen könnte. Ich kaufe gerne in diesen kleinen Geschäften, weil ich hier auch gute Beratung bekomme. Ich habe auch den Eindruck, dass Wien eine lebendige Innenstadt hat. Im Gegensatz zu anderen Großstädten, wo die Innenstadt nur als Arbeitsplatz genutzt wird, ist das Zentrum hier in Wien auch nach Dienstschluss belebt.

Wien hat einen weiteren Vorteil: Es gibt hier eine Riesenauswahl an unterschiedlichen kulinarischen Angeboten auf engstem Raum. Ich muss nicht weit gehen, um gut zu essen. Und ich muss nicht weit gehen, um die besten Zutaten für mein Essen zu bekommen, ich gehe zum Karmelitermarkt.

Wie verläuft denn die „Ederer-Route“ am Karmelitermarkt?

Ederer: Ich kaufe ja fast ausschließlich hier am Karmelitermarkt und bin dort schon recht früh unterwegs. Dawabrot besorge ich mir beim Bäcker, Käse und Wurst beim Marktstand Höttinger und Obst meistens bei der Familie Milosevic. Wenn ich Fleisch brauche, dann hole ich das bei der Fleischerei Radatz. Ich empfinde es als hohe Lebensqualität, hier zu leben und einkaufen zu gehen.


„Ich kaufe Wienerisch“ ist eine Initiative der Wirtschaftsagentur Wien. www.wirtschaftsagentur.at


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