„Ich kaufe Wienerisch.“ Zehn Wiener Promis erklären, warum und wo sie lokal einkaufen.

Gerd Millmann im Gespräch der Bloggerin und Umweltaktivistin NuNu Kaller. Über Shopping-Sucht und eine Frau zum Abbusseln.

Gerd Millmann: Sie haben ja ein Jahr lang „nichts“ gekauft und ein Buch über Ihre Erfahrungen geschrieben. Wie lebt man mit nichts?

Kaller: Naja, ich habe ja nicht nichts gekauft, sondern nur keine Bekleidung. Ich bin ja davor ständig in Textilbilligkonzernfilialen gelaufen und habe wie wild eingekauft. Gebraucht habe ich das wenigste davon.

Und dann ist die Erkenntnis gereift …

Kaller: … dass ich völlig unbewusst konsumiere. Ich war ja damals bei Global 2000. Das hat mir wirklich die Augen geöffnet. Ich war ja schon vorher in vielen Lebensbereichen nachhaltig unterwegs. Stichwort Öffis, Rad, Ernährung, Verzicht auf Plastiksackerl usw. Das war für mich mehr Hausverstand, aber bei der Kleidung habe ich nicht darauf geachtet wo die Sachen herkommen oder wie sie produziert werden. Ich habe dann angefangen, selber Informationen zu sammeln und bin draufgekommen: Das ist ein unglaublich spannendes Thema.

Dann ist die Idee für den Selbstversuch gekommen?

Kaller: Genau, es war eine sehr erfahrungsreiche Zeit. Ich habe ja auch den Blog „Ichkaufnix.com“ gestartet und heute ist es so: Ich trage Bio, Getauschtes, lokal und fair Produziertes, Uraltes und Zeugs aus dem SecondhandLaden. Es ist immer zusammengewürfelt. „Sünden“, die ich noch habe, sind zu 99 Prozent vor 2012 gekauft worden.

Wir sind ja hier in der Kirchengasse im siebenten Bezirk. Warum ausgerechnet hier?

Kaller: Die Kirchengasse ist bis zur Neustiftgasse zu einem Zentrum nachhaltiger Mode geworden. Alle, die mich nach fairer Modeproduktion fragen, die schicke ich in die Kirchengasse. Da gibt es Modeläden aller Art, die wird von manchen in Wien produziert, da wird mit nachhaltigen Stoffen produziert und da wird global fair produziert.

Alles happy also?

Kaller: Es gibt einen Schatten über der Kirchengasse. Die U5 kommt hierher. Das ist an sich OK, aber die Bauarbeiten dauern Jahre und die Geschäfte hier werden sehr darunter leiden. Ich hoffe, da wird eine Lösung gefunden, damit sie überleben können.

Es gibt auch Fotos von Ihnen an der Nähmaschine.

Kaller: Ja, ich habe Momente, da muss ich genau das nähen, was mir gerade durch den Kopf geht. Ich schaffe das nicht immer, aber es klappt immer besser. Ich habe mir unlängst einen Bikini selbst genäht, den ich tatsächlich zum Baden anziehe.

Sparen Sie Geld durch Ihren bewussten Umgang mit Kleidung?

Kaller: Das kann ich nicht sagen, ich habe früher das billige Zeugs gekauft, dafür aber Unmengen davon. Da war auch Frustbewältigung dabei. Jetzt gebe ich für ein Kleidungsstück mehr aus, aber ich kaufe insgesamt weniger. Und ich bin froh darüber. Ich habe immer noch Freude an der Mode, ich kaufe nur weniger. Ich tausche gerne, ich produziere selber, ich kaufe bewusster.

Sie sprechen gerne von der „Göttin“…

Kaller: Ich habe ja die Wiener Konfektionsszene für mich entdeckt.
„Zerum“ zum Beispiel hat alles fair, aber auch regional produziert. Und die „Göttin des Glücks“, da ist auch alles fair und nachhaltig und es sind irre liebe Leute dort. Die Marie hier, die ist echt zum Abbusseln – aber nicht heute, denn sie ist verkühlt (lacht).


Dieses Interview wurde im Rahmen der Initiative „Ich kaufe Wienerisch. Zehn Wiener Promis erklären, warum und wo sie lokal einkaufen“ geführt, die von der Wirtschaftsagentur Wien beauftragt und im November 2016 in Wiener Printmedien geschaltet wurde.
Weitere Informationen: http://www.wirtschaftsagentur.at


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